Implantate - Neue Zähne in 10 Stunden?
In Veröffentlichungen zu Zahnimplantaten wurde in den
vergangenen Jahnren von einzelnen Interessengruppen der Eindruck
erweckt, sie hätten das Rad - respektive die Implantologie
- neu erfunden. In Wirklichkeit werden nur alt erprobte und
neue Behandlungsmethoden kombiniert. Die zweite Illusion der
man bei oberflächlicher Lektüre erliegen könnte,
und hier setzt unsere Warnung an, ist die, dass künstliche
Zahnwurzeln (Zahnimplantate) angeblich in zehn Stunden einheilen.
Dies ist nicht der Fall. Selbst unter idealen
Voraussetzungen - hier insbesondere dass genügend Knochen
vorhanden ist und nicht erst nachgezüchtet werden muss
- sowie unter Einsatz optimierter Implantatoberflächen
und körpereigener Wachstumsfaktoren, kann eine Einheilzeit
von 6-8 Wochen nicht unterschritten werden. Allein diese Verkürzung
der Einheilzeit unter Idealbedingungen auf etwa die Hälfte
ist natürlich schon ein grosser Erfolg und bedeutender
Fortschritt in der Implantologie.
Oft stellt allerdings der zusätzlich notwendige
Knochenaufbau den zeitlich begrenzenden Faktor dar. Für
letzteren ist die Regenerationszeit immer länger als
die Einheilzeit der Implantate. Dies ist selbst dann der Fall,
wenn durch den Einsatz der körpereigenen, vor Ort aus
dem Patientenblut gewonnenen Wachstumsfaktoren die Heilung
insgesamt verkürzt werden kann. Der Einsatz solcher körpereigenen
Wachstumsfaktoren stellt einen positiven und zu befürwortenden
Ansatz dar, der sich allerdings noch in den entsprechenden
wissenschaftlichen Studien beweisen muss.
Schon in der Anfangszeit der Implantologie vor
mehr als 30 Jahren wurden künstliche Zahnwurzeln sofort
nach der Implantation mit einem am selben Tag angefertigten,
zumeist temporären, selten auch endgültigem Zahnersatz
versorgt und geschient. Dies ist der funktionsstabilen Verschraubung
von Frakturen in der Unfallchirurgie ähnlich, die es
den Patienten ermöglicht ohne mehrwöchigen Gips
auszukommen.
Auf die Implantologie bezogen ist eine Anfertigung
des Zahnersatzes innerhalb von 10 Stunden der Teamarbeit zwischen
Zahnarzt und Zahntechniker zuzuschreiben. Dieses Vorgehen
setzt jedoch u.a. die oben angeführten, besonders guten
Ausgangsbedingungen voraus. In den meisten Fällen bleibt
es bei den bekannten Einheilzeiten und der Übergangslösung
mit einem nicht auf den Implantaten abgestützten oder
befestigten Provisorium.
Dabei sollte auch nie vergessen werden, wieviel
Jahre es dauerte, bis die eigenen Zähne verloren gingen.
Allein der Erfolg der Behandlung zählt auf die Jahre,
nicht wenige Wochen eingesparter Behandlungszeit.
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